Es war einmal

2012

Alles fing damit an, dass ich überschüssige Lebensmittel von Märkten eingesammelt habe, und diese dann von zu Hause aus an "Bedürftige" weitergab.

Mein Ziel war und ist es:

  • vorbehaltlos allen Menschen zu helfen, die sich in einer wirtschaftlichen, gesundheitlichen oder sozialen Notlage befinden, ohne Ansehen von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Staatsangehörigkeit, politischer Überzeugung, Weltanschauung oder sonstiger Unterscheidungsmerkmale.
  • dass die Verwendung von Lebensmitteln und jeglicher anderer Güter Vorrang hat vor deren Vernichtung.
  • mehr Respekt und Wertschätzung unseren Mitmenschen und den Ressourcen unserer Erde entgegenzubringen.

Im November habe ich den gemeinnützigen und mildtätigen Verein - Bürger helfen Bürgern (BHB) Voerde e. V. - gegründet. Der Grundgedanke war, Menschen in Not mit Lebensmitteln, Kleidung, Möbeln und anderen alltäglichen Dingen zu unterstützen, die andere Menschen nicht mehr benötigen. 

Von Anfang an fand ich Gleichgesinnte

         

 

2013

Aufgrund der Massen an Waren wurde meine Wohnung schnell zu klein und so musste dringend eine größere Fläche gefunden werden.

Rolf Kaling von Bürger für Bürger Duisburg e. V. stand mir mit Rat und Tat zur Seite.

Lieber Rolf, herzlichen Dank für deine Hilfe!

Im Februar fanden wir einen leerstehenden, ehemaligen Plus Markt in Friedrichsfeld. Der Eigentümer war begeistert von dem Projekt und stellte uns den Laden zur Verfügung. Sofort begannen wir mit den Renovierungs- und Umbauarbeiten. Eine komplette Ladeneinrichtung wurde uns gespendet.

Am 9. Juni war es dann soweit, wir eröffneten unseren BHB-Laden.

Der Bürgerladen, wie ihn die Leute nannten, wurde schnell angenommen und über die Region hinaus bekannt. Denn im Gegensatz zur Tafel (die dieses Projekt ablehnten, als ich es ihnen anbot) konnte hier jeder eigenständig, täglich zu den Öffnungszeiten, mitnehmen, was er benötigte. Aufgrund der direkten Lage am Bahnhof kamen selbst Kunden aus Köln zu uns. Geplant war ein bundesweites Netz von Bürgerläden aufzubauen. Ein "Tafel-Hobbing" ("Bedürftige" gehen zu verschiedenen Niederlassungen der Tafel und nehmen sich überall Lebensmittel mit) war bei uns durch ein servergestütztes EDV-System unmöglich. Einen "Tafelausweis" gab es nicht. Jeder Kunde wies sich durch seinen Personalausweis aus.

Im Verlauf kamen über die Justiz Verurteilte zu uns, um ihre Sozialstunden abzuleisten. Aufgrund der positiven Resonanz, auf Seiten der Justiz, entstand daraus unser Resozialisierungsprojekt, welches hauptsächlich auf politoxikomane Straftäter ausgerichtet war. Es gliederte sich in drei Teilabschnitte.

  1. Beenden der Beschaffungskriminalität
  2. Die Sucht in den Griff zu bekommen 
  3. Die Resozialisierungsphase - Rückführung in ein, ohne Hilfe Dritter, selbstständig geführtes Leben.    

Es wurden bis zu 35 Klienten gleichzeitig von mir betreut. Leider sank durch dieses Projekt das Ansehen des Vereins bei der Dorfbevölkerung. Drogensüchtige Straftäter und Obdachlose gehörten ihrer Meinung nach nicht in das Stadtbild und waren vorher auch nicht dort vertreten.

Über die Jahre versuchte man mit Anzeigen, Verleumdungen, Hetzpropaganda etc. das Projekt zu boykottieren. Es kam wie es kommen musste. 

2017

Am Samstag 8. Mai um halb fünf morgens, wurde ich durch die Polizei informiert, dass es beim BHB brennt. Unbekannte Täter hatten den Kleidercontainer in Brand gesetzt. Das Feuer griff schnell auf das Lager und den BHB-Laden über. Die Waren und Inneneinrichtung des BHB-Laden wurden komplett zerstört. Eine Frau, die mit ihrem Fahrrad am Morgen vorbei fuhr, rief nur rüber:

"Endlich hat mal einer da was richtiges reingeworfen!" 

Da es sich bei den Waren des BHB-Laden hauptsächlich um gespendete Sachen handelte, waren diese nicht versicherbar. Das Objekt war durch den Vermieter versichert.

Damit wenigstens die Hilfesuchenden mit Lebensmittel versorgt werden konnten, Stand bereits am 13. Mai ein Bürocontainer (9,00m x 3,40m), auf unserem Parkplatz. Dieser wurde uns vom Verein Bürger für Bürger aus Duisburg finanziert.

Aufgrund der negativ Puplicity gab es keine Möglichkeit das Projekt weiter zu führen.  Alle Versuche einen neuen Laden oder eine neue Fläche für den Container zu finden scheiterten.

Im November 2017 verstarb meine Mutter im Alter von 93 Jahren. Die letzten 7 Jahren, bis zu ihrem Tod, lebte meine Mutter gemeinsam mit Ihren 4 Enkeln, meiner Frau und mir, in unserer Wohnung.

Sie hat das BHB-Projekt von Anfang an begleitet und unterstützt. 

Da wir die Kündigung des Objektes zum 31. Dezember 2017 erhielten, musste ich die Lebensmittelausgabe und die Betreuung der Hilfesuchenden vorläufig einstellen. 

2018

Ich habe mich entschlossen, das Projekt BHB eigenständig weiterzuführen.

Aufgrund meiner Erfahrung, fehlt es nach wie vor an einem Betreuungssystem, welches Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im täglichen Umfeld persönlich begleitet. Es gibt unzählige Dienste im sozialen und medizinischen Bereich die angeboten werden, jedoch findet keine oder nur eine bedingte Kommunikation untereinander statt. Die Meinung die zum größten Teil vorherrscht lautet; "Wenn der Hilfesuchende nicht selbst die Initiative ergreift, will er es auch nicht!"

Wie oft habe ich es erlebt, dass Suchtkranke (Alkohol oder andere Substanzen) immer wieder eine Entgiftung (>20 mal) machten und rückfällig wurden, weil sich eine erforderliche, weiterführende Therapie nicht direkt anschloss. Wartezeit bis zu 1 Jahr sind keine Seltenheit. In der Übergangszeit muss der Hilfesuchende sich regelmäßig melden, sodass man erkennen kann, dass er auch wirklich Hilfe möchte. Eine Betreuung oder Begleitung während der Übergangszeit wird nicht angeboten oder durchgeführt.

Eine Beratung im Büro und einen Flyer den Hilfesuchenden in die Hand zu drücken, reicht nicht aus.

Sie werden in das alte "soziale" Umfeld entlassen und stehen mit ihren Problemen wieder alleine da.

Die alltäglichen Dinge zu koordinieren, Gespräche mit Behörden oder anderen Einrichtungen zu führen oder Termine zu vereinbaren bzw. einzuhalten stellen für sie oft schon ein unüberwindbares Hindernis dar. Depressionen und die Flucht in die Sucht sind vorprogrammiert. Sie werden zu Drehtür-Patienten.

Um diese Abwärtsspirale zu durchbrechen, betreue/begleite ich privat weiterhin diese Menschen in ihrem Alltag.

2019

Um dies offiziell machen zu dürfen, brauchte ich zu meinen Ausbildungen noch einige Genehmigungen und Zertifizierungen. Bis ich alles zusammen hatte, dauerte es bis März 2019. Zum 1. April 2019 habe ich dann den Betreuungsdienst

angemeldet. 

Im August 2019 eröffnete ich das Büro auf der Poststraße 49 in Voerde Friedrichsfeld. 

 

R.I.P.

Jan

 

leider habe ich kein größeres Foto

Er war von Anfang an dabei. Durch einen schweren Motorradunfall (ihm wurde die Vorfahrt genommen) wurde er zum Pflegefall. Trotz 6monatigem Koma, mehrfacher Knochenbrüche, 3maliger Reanimation, Blasenkatheder, 24 stündiger Sauerstoffversorgung und Rollstuhl, wurde er vom MDK als Pflegegrad 1 eingestuft. Erst 1 Woche vor seinem Tod wurde der Pflegegrad 3 anerkannt. Zu dem Zeitpunkt, konnte er nur noch sehr eingeschränkt der Begutachtung folgen (er war bereits somnolent). Ich habe ihn die letzten 5 Monate gepflegt und begleitet, bis er friedlich eingeschlafen ist.


2020

​Aufgrund meiner Erfahrungen im Pflegebereich habe ich erkannt, dass leider das zwischenmenschliche bei der Pflege wenig bis keine Berücksichtigung erfährt. Im Vordergrund steht der finanzielle Gewinn. Ich bin 2011 aus dem Management ausgestiegen, weil es dort nur um Gewinnoptimierung ohne Rücksicht auf den Menschen ging. Daher habe ich nun meine Priorität in die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen verlagert.

Unabhängig von Verein, Projekten etc. teile ich weiterhin überschüssige Lebensmittel, nach wie vor kostenlos mit jedem Menschen der Hilfe braucht.